Speziallack gegen wilde Pinkler?
Im Ortsbeirat wurden Forderungen nach strengen und ungewöhnlichen Maßnahmen gegen Müllsünder und and
Wie sauber oder schmutzig ist Gaarden? Die Antwort von Mitgliedern und Besuchern des Ortsbeirats fiel am Mittwochabend differenziert aus. Weitgehend einig war man sich im Urteil, dass angesichts der knappen Personalausstattung der Stadt wohl immer mit einem gewissen Maß an Missständen gelebt werden muss.
Nesimi Temel (SPD) beschrieb die Lage exemplarisch. Er hatte sich in seinem unmittelbaren Wohnumfeld im Bereich der Pickertstraße umgesehen und nicht die ganz großen Katastrophen, wohl aber etliche mittelärgerliche Übel entdeckt. Geschäftsleute, die übers Wochenende Paletten vor dem Laden stehen lassen, Plastiktüten im Gebüsch, so etwas müsse nicht sein, meinte der Ortsbeirat. Vor allem aber kritisierte er, dass im Wäldchen beim Intertürk-Sportverein seit vielen Wochen ein Sofa steht, obwohl der Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel (ABK) längst informiert sei. Temels Fazit: „Es kommt viel zusammen.“
Ein in Gaarden wohnender Student beschwerte sich darüber, dass auf den Radwegen immer wieder Scherben und andere Abfälle liegen. „Das ist auf jeden Fall ein Ärgernis“, betonte er. Unterdessen plädierte Fedor Mrozek (CDU) dafür, stärker darauf zu achten, dass Vorschriften und Regeln eingehalten werden. Im Gegensatz zu anderen Städten verzichte Kiel zum Beispiel ganz offenkundig darauf, Müllsünder zu ermitteln. Und das bedeute im Effekt nichts anderes als die Botschaft, dass es völlig egal ist, wo man seinen Abfall ablädt.
Ähnlich argumentierte Pastorin Ragni Liv Mahajan. „Die Menschen suchen sich den einfachen Weg“, sagte sie und schloss daraus, dass man Verstöße eben nicht so einfach machen dürfe. Als Beispiel nannte sie eine Initiative, die in St. Pauli neuerdings Wildpinkler abschrecken soll. Mittels eines Speziallacks wird der Strahl auf den Verursacher zurückgeleitet, allerdings der Fairness halber mit Vorwarnung: „Hier nicht pinkeln. Wir pinkeln zurück!“, heißt es auf entsprechenden Schildern.
Andererseits hat nach Überzeugung des Ortsbeirats all das auch etwas mit öffentlicher Infrastruktur zu tun. Sogar im Jahr 1910 sei Gaarden besser mit öffentlichen Toiletten ausgestattet gewesen als heute, merkte Vorsitzender Bruno Levtzow (SPD) an. Rainer Kuberski (FDP) brachte dies allgemein mit kommunaler Rotstift-Politik in Zusammenhang. Die Stadt habe ganz einfach „viele Kräfte eingespart, die sonst für Sauberkeit zuständig waren“. Rolf Schrem von der Linken formulierte es ähnlich. „Wenn keine Leute da sind, kann man nichts machen“, meinte er und verwies darauf, dass Sauberkeit in der Stadt letztlich eine Frage der Prioritäten sei. Man leiste sich eben „lieber ein großes Pinkelbecken in der Stadt, genannt Kiel-Kanal“.
Dem sonst sehr besonnenen SPD-Ratsherrn Michael Schmalz platzte bei diesen Worten der Kragen. „Die Stadt sind wir“, verwies er darauf, dass Personalausgaben an der einen Stelle Einschränkungen an der anderen Stelle zur Folge haben. Außerdem sei es unredlich, Serviceleistungen des ABK in einen Topf mit der Investition in den Kiel-Kanal zu werfen. Das Personal des ABK werde über die Gebühren schließlich von allen Kielern bezahlt.
Handlungsbedarf in Gaarden sieht so oder so auch der ABK. Für Montag, 23. März, um 16 Uhr bittet er deshalb zu einer öffentlichen Müllsammelaktion. Der Frühjahrsputz beginnt auf dem Vinetaplatz und erstreckt sich Richtung Gaardener Brücke. Anschließend gibt es für die Freiwilligen zur Belohnung eine Stärkung in der Jugendherberge. Am Mittwoch, 25. März, informiert der ABK außerdem von 9 bis 17 Uhr auf dem Vinetaplatz rund ums Thema Sperrmüll. Der landet in Gaarden oft unangemeldet auf den Bürgersteigen, obwohl er vom ABK nach Anmeldung prompt und kostenlos abgeholt wird. Waschmaschinen, kleine Elektrogeräte, Altkleider und vieles mehr können an diesem Tag gleich an Ort und Stelle in Containern entsorgt werden.
Martin Geist, 12.03.2015