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Gaarden Blog



Soziales Outsourcing

Martin Geist     05.02.2016


Traurigen Ruhm in ganz Deutschland hat Gaarden durch zwei Sexualverbrechen an Kindern erlangt. Nun, so ist zu befürchten, bricht erst einmal wieder die hohe Zeit der Eindimensionalität an


Wer über Sexualverbrechen schreibt, kommt nicht ohne Adjektive aus. Abscheulich oder schockierend oder so etwas in der Art wird gern genommen. Das ist überflüssig, denn was sonst sollte ein Sexualverbrechen – zumal an Kindern – denn sein?
Vielleicht verrät es aber auch etwas darüber, wie wir Menschen ticken. Gerade bei so schlimmen Vorkommnissen drängt es uns zu bekunden: Wir sind die Guten. Die Bösen hingegen sind ganz anders. Und anderswo.
In Gaarden beispielsweise. Mindestens drei noch nicht aufgeklärte Sexualverbrechen wurden zuletzt innerhalb von kurzer Zeit in der Wik begangen. Auch darüber herrschte natürlich breite Betroffenheit, doch wurden diese Gewalttaten nicht annähernd so stark mit dem Stadtteil verknüpft, in dem sie geschahen, wie die jetzigen Verbrechen in Gaarden.
Es passt eben: Gaarden, Drogen, Kriminalität, Gewalt. Über Jahrzehnte hat sich dieses Bild in den Köpfen verfestigt und gedankliche Eindimensionalität befördert. Dass Angehörige der unterschiedlichsten Kulturen in Gaarden angstfrei und tolerant miteinander umgehen wie kaum anderswo: geschenkt. Dass Künstler, Kreative, Studenten und andere trendverdächtige Zeitgenossen wenn auch verhalten dabei sind, den Stadtteil für sich zu entdecken: wen kümmert es?
Es ließe sich viel mehr Mehrdimensionales nennen, doch ist klar, worum es geht. Gaarden hat nicht nur ein Gesicht, sondern im Gegenteil so viele Gesichter, dass gerade das seinen Charakter ausmacht.
Und noch etwas. Mag es an der großen Politik liegen, an der Stadt, am Kapitalismus oder an allem miteinander: So lange es immer weiter so läuft, dass die Beladenen, die Ausgegrenzten, die Nichtfunktionierenden in Gaarden landen, wird es immer ein Image-Problem geben. Und ein gutes Gefühl für die Leute im großen Rest von Kiel. Sie gliedern die Schattenseiten, die jede Großstadt hat, einfach aus. Was der Logik des Kapitalismus folgend nichts anderes ist als soziales Outsourcing.



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